Hier geht es in erster Linie nicht zuerst um die Taktik gegenüber den Konkurrenten, sondern darum, wie du die Aufgabe und Situationen in der Aufgabe angehst. Die Regeln für den kleinräumigen Umgang mit Wenden findest du in einem eigenen Kapitel.
Bei Racing-Aufgaben sind nur (euphemisch) die üblichen taktischen Probleme zu lösen.
Die Wahl des Abflugzeitpunkts hängt ab von deiner Taktik gegenüber den Konkurrenten (ich bin ein Newbie, ich fliege VOR dem Pulk der großen Buben ab - oder - ich bin der Größte und fliege spät ab) und von deiner Einschätzung des Wetters (siehe auch den Artikel von Cochrane).
Im Laufe der Aufgabe kannst du dich vor taktische Probleme anderer Art gestellt sehen, bei denen natürlich - wie immer - die Taktik gegenüber den Konkurrenten in deinem Hinterkopf mitschwingt, wo du aber im Wesentlichen für dich selbst entscheiden musst.
Wie fliege ich weiträumig eine Wende bei Wind an ?
Da ist es besser - vorausgesetzt, das Wetter lässt das zu - aus dem Kurs heraus luvwärts vorzuhalten. Dann hast du in der Regel an und vor der Wende mehr Entscheidungsmöglichkeiten.
Wenn du dich ins Lee des Kurses fallen lässt, kann es dir passieren, dass du kurz vor der Wende in ungünstiger Thermiksituation in einer Hundekurve auf die Wende zu und gegen den Wind steuern musst. Das kostet immer zuviel Zeit und bringt ein enormes Absaufrisiko.
Auf welcher Seite umfliege ich ein Beschränkungsgebiet ?
Der Kurs schneidet ein Beschränkungsgebiet genau in der Mitte und du musst entscheiden, fliegst du links rum oder rechts um das Gebiet rum. Wenn du deutlichen Wind hast (> 10 km/h ) und die Thermikentwicklung ist gleichmäßig auf allen Seiten des Beschränkungsgebiets, dann ist es meist von Vorteil im Lee vorbei zu fliegen, denn aus dem Luv des Gebietes heraus kannst du in einem ungünstigen Fall auf das Gebiet zu getrieben werden. In letzter Konsequenz kann dich das zur Außenlandung zwingen, wenn du nicht mehr anluven kannst und es dir unmöglich geworden ist, das Gebiet zu umfliegen. Dann hast du wenigstens noch die Streckenpunkte. Wenn du das Gebiet befliegst, kannst du - das kommt auf die Ausführungsbestimmungen des Wettbewerbs an - für den Tag genullt werden. Im Lee kann dir das nicht passieren. Vorsicht: Meist wirst du bei der zweiten Luftraumverletzung vom Tag oder vom ganzen Wettbewerb relegiert.
Gemein von der Wettbewerbsleitung ist es, wenn die Wende kurz hinter dem Sperrgebiet liegt und nur durch starkes Anluven erreichbar ist. In solchen Fällen kann ein starkes Anluven vor dem Sperrgebiet (viel Sicherheit gegen den ersten Fall) taktisch besser sein und dich schneller machen.
Ein SAA zu fliegen erfordert - zusätzlich - alle taktische Raffinesse, die du als Pilotör aufbringen kannst. Stell dir die Strecke - der didaktischen Einfachheit wegen - als Dreieck vor, dessen Eckpunkte - innerhalb der gegebenen Wendegebiete - wie in einem Schnürsenkel beweglich sind. Die Länge des Schnürsenkels ist natürlich deine Strecke, die du dir vornimmst. Die willst du möglichst schnell umrunden. Aber dabei musst du mindestens die Mindestflugzeit unterwegs sein. Also darfst du die Strecke nicht zu klein wählen. Wenn du zu früh zurück bist, wird so gerechnet, als hättest du die Mindestflugzeit gebraucht. Damit wird deine Schnittgeschwindigkeit wieder kleiner. Du wirst also bestraft.
Wenn du wesentlich länger fliegst als die Mindestflugzeit, läufst du Gefahr, deine hohe Schnittgeschwindigkeit nicht über die gesamte Strecke durchhalten zu können. Da für alle Heimkommer aber NUR die Schnittgeschwindigkeit die Punkte bestimmt, nicht die individuell geflogene Strecke (es gibt für die Strecke nur einen pauschalen Anteil an den Tagespunkten), wird dein Risiko nicht belohnt.
In der Feinabstimmung musst du die Verlängerung der Strecke in dem Wendegebiet wählen, das dir die beste Schnittgeschwindigkeit verspricht. Vor dem Flug hast du eventuell schon Informationen über besseres Wetter in einem der Wendegebiete oder du weißt, dass du innerhalb eines Wendegebietes (wie zum Beispiel in Rieti) mit hoher Geschwindigkeit am Hang fliegen kannst.
Beim SAA gilt - neben der Geschwindigkeitsoptimierung - als sekundäres taktisches Ziel, die Mindestflugzeit nie zu unterschreiten und nicht wesentlich zu überschreiten (max. 15 Minuten mehr). Nur in extremen Situation (Wetterwechsel) können diese Ziele verschwinden und überlagert werden durch grundsätzlichere Überlegungen wie : Ich muss noch nach Hause kommen und darf nicht außenlanden.
Also: Beim SAA in Dreiecksform musst du deine Geschwindigkeit schon auf dem ersten Schenkel sehr gut einschätzen können, um schon im ersten Wendegebiet entscheiden zu können, wie lang die Gesamtstrecke werden soll. Im zweiten Wendegebiet hast du weniger Freiheitsgrade der Entscheidung. Wenn der böse Sportleiter dir aber Wendegebiete vorgibt, bei denen nur das letzte sehr groß ist, dann kannst du in den ersten Wendegebieten nicht viel anpassen. Da musst du die Anpassung der Streckenlänge im letzten Wendegebiet machen.
Ohne Wind mag diese Abschätzung im ersten Wendegebiet ja noch angehen, aber an Starkwindtagen im Flachland bedarf das einer immensen Erfahrung - und bleibt dann doch noch ein Glücksspiel - trotz Rechnerunterstützung - , um die Streckenlängenwahl zu treffen. Das Entscheidungsproblem wird dann besonders groß, wenn der erste Schenkel kurz ist, denn dann hast du noch keine verlässliche Streckenstatistik im Rechner oder im Gefühl.
Die Wahl des zweiten Wendepunktes wird dann taktisch einfacher. Du kannst auch sagen: Du hast weniger Freiheitsgrade. Du hast die Statistik im Rechner und im Gefühl und kannst die Wende so wählen, dass du nicht vor dem Ende der Mindestwertungszeit zu Hause bist.
Noch unübersichtlicher wird es bei mehr als zwei Wendegebieten. Mit der Wahl jedes Wendepunkts gibst du Freiheitsgrade der Streckenlängenbestimmung auf.
Eine weitere Dimension von Komplexität kommt mit dem Wetter ins Spiel. Stell dir vor, im gesamten ersten Wendegebiet ist das Wetter gut, im gesamten zweiten Wendegebiet ist das Wetter schlecht, - so schlecht, dass du das zweite Wendegebiet eigentlich nur mühsam und gerade so erreichen kannst und wieder verlassen musst. Dann wird der Erfolg des Wettbewerbstags durch die taktischen Entscheidungen am ersten Wendepunkt besiegelt, gleichgültig ob du das Wetter am am nächsten Wendepunkt gut kennst oder nicht.
Oder: Stell dir vor, während deines Fluges dreht der Wind um 30°. Deine Rechnung mit Wolkenstraßen geht nicht mehr auf. Oder - noch weit unangenehmer - deine Rechnung OHNE Wolkenstraßen musst du plötzlich auf MIT Wolkenstraßen korrigieren.
Du kannst dir das taktische Dilemma eigentlich am besten dadurch klar machen, wenn du dir vorstellst, dass du bis zur zweiten Wende denkst, alles zeitlich im Griff zu haben, aber dann auf dem letzten Schenkel überraschend schnell wirst. Du siehst, du musst dem letzten Schenkel als erstes deine Aufmerksamkeit schenken und klären, wie schnell du maximal dort sein wirst. Damit weißt du, wann du frühestens das zweite Wendegebiet verlassen darfst. Dann kannst und musst du den Flug rückwärts vorausrechnen.
Bei undurchsichtigem Wetter und wenigen Wertungstagen flüchten sich Wettbewerbsleitungen oft in SAAs, um einen weiteren Wertungstag zu erzeugen, damit die Meisterschaft gültig wird. Diese Wertungstage würfeln die Wertung oft wild durcheinander. Deswegen haben SAAs bei vielen Piloten kein guten Ruf, obwohl sie oft kreatives selbständiges Fliegen fördern und auch Spaß machen. Wenn das in einem Kreis von sehr guten Piloten geschieht an einem der letzten möglichen Wertungstage, werden sehr große sportliche Risiken eingegangen und die Ergebnisse fallen dann auch entsprechend aus.
DAAs zu fliegen ist relativ einfach. Die einzige Restriktion ist die Maximalflugzeit. Dann endet die Wertung, aber du musst nicht unbedingt am Platz sein. Du darfst nur nicht außenlanden, denn dafür gibt es 20% Abzug an deiner Strecke.
Also muss es dein taktisches Ziel sein, mit dem Ablauf der Maximalflugzeit deinen Endanflug beendet zu haben. Wenn du es schaffst, den Endanflug auf dem Zielflugplatz zu beenden, dann kannst du deine gesamte Höhe in die Erzeugung der Streckenleistung einsetzen. Das ist der bestmögliche Fall. Wenn du den Platz nicht erreichen kannst, musst du einen Endanflug auf den Endzeitpunkt der Maximalflugzeit basteln, so dass du dich mit dem Glockenschlag in einer Höhe wieder findest, wo du gerade noch so wieder Anschluss bekommst, um die fehlenden Kilometer nach Hause zu fliegen.