Was trägt denn tout Paris heuer so im Flugzeug ?

Modisch muss es nicht sein, sondern funktional und der Situation angemessen. Also nicht immer gleich, denn die Situationen sind verschieden, abhängig von der Jahreszeit und dem Ort des Geschehens und abhängig vom Gerät, in dem man sitzt.

Die Kleidung muss immer so sein, dass man sich wohl fühlt, dass man sie eventuell während des Fluges auf sich ändernde Umstände einstellen kann, z.B. Reißverschlüsse an Armen und Beinen, die bei Hitze geöffnet werden können - vielleicht nur was für Schlangenmenschen, ich (der Horst) komme in meiner DG nie an die Reißverschlüsse an den Beinen dran.

Segelfliegen ist stressig und, wie die meisten Menschen, wirst auch du schwitzen, wenn es stressig wird. Deshalb muss deine Kleidung atmungsaktiv sein. Die Feuchtigkeit darf nicht auf der Haut hängen bleiben, sonst besteht die Gefahr, dass später im Flug die Kälte das Feuchtigkeitsreservoir erreicht. Dort spürst du dann die Kälte um so intensiver und du riskierst eine Erkältung. Das gilt insbesondere für die Feuchtigkeit zwischen Rücken und Fallschirm und zwischen deinem Allerwertesten und dem Sitz.

Die Fallschirmhülle ist sicher das explizite Gegenteil einer atmungsaktiven Textilie. Sie soll ja gerade Feuchtigkeit vom Schirm abhalten. Demnach muss zwischen dem Fallschirm und dir ein Kleidungsschicht oder Kissenschicht stecken, die die Feuchtigkeit zur Seite ablüftet.

Und ähnlich ist es unter dem Hintern. Die Sitzwanne aus Holz oder Kunststoff muss aus dem gleichen Grund feuchtigkeitsisoliert werden. Aber da gibt es noch ein zweites Problem : Die Sitzwanne wird bei einem längeren Flug in der Kälte ziemlich frisch, sie wird in der Temperatur ungefähr auf der Mitte zwischen der Cockpitinnentemperatur und der Außentemperatur liegen. Deshalb ist die Sitzwanne der ideale Ort für Kondensation. Halte deine Hämorrhoiden davon fern.

Beim Fliegen hast du den Kopf fast immer in der Sonne. Je höher du kommst, umso stärker wird die UV-Strahlung. Moderne Hauben fangen davon das Meiste ab. Die Infrarotstrahlung kommt jedoch ungebremst an. Deshalb ist ein Hut unverzichtbar. Er soll dir locker auf dem stolzen Haupte thronen, dir die Schläfen nicht beengen, dir die Augen beschirmen. Aber er darf dich im Sehfeld nicht einschränken.

Apropos gucken: Bei einigen Flugzeugtypen, z.B. bei einer DG800, gibt es erhebliche Schwierigkeiten mit Spiegelungen in der Haube, wenn du helle Hosen trägst. Weiße Turnschuhe in der DG sehen zwar absolut cool aus, sind aber, weil die Haube bis zu den Füßen geht, eine schlechte Idee. Gedeckte Farben sind sinnvoller als schreiende. Auch ein helles Hemd, wie auf dem Bild, kann störende Spiegelungen hervorrufen - auf dem Glas der Instrumente.

Horst ganz  groß im Cockpit . Handtuch als Kopfstütze im GenickIn der richtigen Kälte, in der Welle bei -20° und darunter - da musst du den Hut ersetzen durch eine Mütze, die sicher stellt, dass nach dem Flug die Ohren noch dran sind - am Kopf.

Ich nehme immer ein Handtuch mit. Das ist ein Multifunktionsgerät. Ich kann es über meinen linken Arm "betten", wenn ich die Zusatzlüftung im Fenster offen halten muss gegen das Beschlagen. Ich benutze es manchmal wirklich als Handtuch, aber oft auch zusammengerollt als Nackenkissen oder im Sommer als Sonnenschutz. Ich kann mich sogar damit stellenweise warm halten. Toll, was ? Ist aber eine Marotte von mir. - Und es muss gelb sein ! Im Bild links in Funktionsform "Nackenstütze" sichtbar.

 

Ein Riesenproblem - im Sommer wie im Winter - entsteht bei Flugzeugen, in denen es zieht: Durch die Bugkupplung oder unter der Haube durch. Damit kann man keine längeren Flüge machen. Gegen diese Kälte - auch im Sommer - ist kein Kraut gewachsen.

Ich (Horst) bin vor vielen Jahren, als das Testosteron noch flüssig war, mal an einem noch "warmen" 16. September mit steifem Nordostwind mit einer Ka8 von Karlsruhe nach Dijon geflogen. Die hatte so eine offene Bugkupplung. Beim Aussteigen in Dijon haben mich zwei geistesgegenwärtige Franzosen daran gehindert, die Haube zu ruinieren. Ich hatte mich am Cockpitrand auf die Füße hochgestemmt, ohne zu merken, dass ich von den Hüften abwärts weder Gefühl noch Feinmotorik hatte, und ich fiel schon in Richtung Haube, als ich von den Franzosen gepackt wurde. Die beiden mussten mich in die Kantine tragen - die Beine und Füße hingen einfach runter - und eine Stunde heizen (vin rouge ordinaire war auch dabei), bevor ich wieder einigermaßen sicher gehen konnte. Mir ist heute noch unklar, wie ich im letzten Teil des Fluges das Seitenruder bedient haben kann ...

In solchen Situationen hilft dir kein noch so dicker Stiefel und auch keine Sohlenheizung. Das Flugzeug muss einfach dicht sein.

Auch ohne "Zwangslüftung" wird dir die Kälte in die Füße kriechen. Aber ohne den Zug durch die Kupplung oder vom Haubenrand kannst du was dagegen tun. Gute Stiefel oder besser Moonboots brauchst du. Vorsicht, die dürfen die Beweglichkeit der Füße nicht einschränken. Sie dürfen nicht innen am Rumpf oder an Steuerungsbeschlägen hängen bleiben. Du kannst die Stiefel innen heizen. Heizsocken oder Heizsohlen gibt es von vielen Herstellern, oft im Motorradfachhandel. Offensichtlich werden nicht nur Segelfliegerfüße kalt. Oder du kannst mit Sommerschuhen fliegen, die du außen mit Biwakschuhen oder Überschuhen isolierst. Das mache ich so und brauche gar keine Heizung mehr.

Eine gute Sonnenbrille musst du haben. Die gibt es in vielen Technologien, polarisierend oder nicht, mit oder ohne Blaufilter. Hier musst du selbst was ausprobieren und aussuchen. Ich fliege mit einer Blaufilterbrille (70 % Abdunkelung) mit einem zusätzlichen Abdunklungsaufsatz (95% von den 30 %) für das Fliegen in großer Höhe und im Schnee. 

Und ganz zuletzt: Denk an die Außenlandung. Willst du denn mit deinen verschwitzten Klamotten in Aosta abends im Restaurant sitzen? Du kommst doch mit keiner Italienerin ins Gespräch, wenn du stinkst wie ein Buchmarder.

Ich habe immer ein kleines "Außenlandeset" an Kleidung dabei, damit ich mich in Null-Zeit vom Segelflieger in einen richtigen Menschen zurück verwandeln kann.

Meine Frau glaubt, das geht gar nicht.

 

Zieh dich dem Wetter und der Jahreszeit gemäß an. Auch wenn es im April auf dem Platz so warm ist, dass du beim Aufbauen in Schweiß kommst, nach der dritten Stunde in aktiver Kaltluft ist dir die Kälte in alle Ritzen bzw. die Beine hoch gekrochen. Lange Unterhosen sind bei uns im Flachland und in den Mittelgebirgen bei Kaltluftadvektion bis in den Mai und Juni hinein geboten.

In polarer Kaltluft kannst du sogar bis in den Juni mit Minus-Graden in 1500 m Höhe rechnen. Die Kälte der Luftmasse und die Hitze unten lassen ja gerade diese explosiven Lagen entstehen.

Also sieh dich vor gegen die Kälte: Lange Unterhose, Ski-Hose, Nierenwärmer, dicke Socken, normale Schuhe, aber warme Überschuhe, kurzärmeliges Unterhemd, warmes langärmeliges Hemd, Pelzjacke, Handschuhe. Frieren ist Mist. Meine Skihose ist von der Schneiderin so umgebaut, dass ich den Schritt mit einem langen Reißverschluss öffnen kann, um zu pinkeln.

Bei weniger kalter Luftzufuhr ziehe ich auch weniger an. Im Juli, bei starken Ostlagen und wenig Wolken, fliege ich in Jeans und Hemd. Das Gleichmaß der Dinge musst du maßgeschneidert für dich selbst herausfinden.

 

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