Am pneumatischen Fahrtmesser kommt keiner vorbei, auch nicht in Zeiten der technischen Hochrüstung mit MickyMausKinos. Der FM ist ein MUSS, der ist im Flugzeug - zumindest in unseren modernen glas-gedeckelten Kisten -  kaum durch Gefühl ersetzbar.

Fahrtmesser

Ein Fahrtmesser misst den Staudruck und setzt ihn um in eine Geschwindigkeitsinformation, km/h oder kts.

Wenn der Druck, der anliegt, nicht der Staudruck ist, zeigt der Fahrtmesser alles an außer der exakten Geschwindigkeit. Meist zeigt er zu wenig an, weil irgendwo eine Undichtigkeit im Schlauchsystem steckt. Der Staudruck muss so abgenommen werden, dass er schiebeunempfindlich ist. Die Kanäle müssen frei sein (keine Mückenbrutstätten). Die Schläuche müssen dicht sein (Artikel von Mike Borgelt).

Selbst wenn der richtige Druck anliegt, kann ein Fahrtmesser noch falsch anzeigen,

  • weil er in sich undicht ist (dann zeigt er deutlich zu wenig an),
  • weil die Dose verbogen ist,
  • weil die Dosenvorspannung verstellt ist.

Alle 5 Jahre gehört deshalb auch ein Fahrtmesser mal auf die Messbank, um solche Fehler auszuschließen.

 

Fahrtmesser-FehlerFast alle Flugzeuge müssen auch noch mit "systemischen" Fahrtmesser-Fehlanzeigen "leben" (bedingt durch die Messkonfiguration) : Die Druckabnahmestellen am Rumpf für den "statischen" Druck sind nicht ganz "statisch". Der Druck verringert sich oder erhöht sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Das kann, je nach Flugzeugtyp, 0 - ±5  % der Fahrtmesseranzeige (IAS) ausmachen. IAS und CAS laufen dann auseinander. Der Hersteller des Flugzeugs muss den Druckabnahmepunkt so wählen, dass CAS immer größer oder gleich IAS ist. Warum wohl ?

Bei meiner DG800 sieht das zum Beispiel (links) so aus :
Bei 270 km/h sind IAS und CAS gleich. Bei geringer Fahrt ist IAS bis zu 8 km/h geringer als CAS. Das Ganze ist auch noch abhängig von der aktuellen Klappenkonfiguration. 8 km/h im Bereich des besten Gleitens sind natürlich nicht zu vernachlässigen. Da muss man wissen, dass man noch ein Jota langsamer darf und muss, um beim besten Gleiten zu bleiben. Die Polare ist auf TAS gerechnet (entspricht am Boden CAS), angezeigt bekommst du aber IAS !!

Wichtiger Hinweis für ButterFly Vario Besitzer :
Diese kleinen Unterschiede können sich spürbar in der Windanzeige auswirken, wenn sie im Setup des Varios nicht berücksichtigt wurden.

Pneumatische (und auch die elektronischen) Instrumente messen Druckunterschiede. Sie interpretieren jeden Druckunterschied, den man ihnen antut, in dem Sinn, für den sie gebaut sind. So kann man mit einem Fahrtmesser auch den Unterschied zwischen statischem Druck im Flug und QFE (Druck am Boden) messen. Aber das geht nur bis zu den Betriebsgrenzen des Fahrtmessers mit einer maximalen Druckdifferenz von ca. 60 hPa. Darüber "z'reißtst" die Mimik da drin.

Das wird kaum jemand bei wachem Verstand tun. Ich will damit nur drastisch zeigen : Man muss wissen, was man den pneumatischen Instrumenten antut, bevor man das als bare Münze nimmt, was sie einem anzeigen.

Fahrtmesser messen die Druckdifferenz vom Unterdruck aus einem Venturi-Rohr (Kompensationsfaktor -1) gegen den statischen Druck oder die Druckdifferenz vom Stau-Druck (Pitot-Druck) (Kompensationsfaktor +1) gegen den statischen Druck. Das heißt, wenn man einen Venturi-Fahrtmesser verkehrt rum anschließt, kann man den auch als Staudruckfahrtmesser nehmen, oder umgekehrt.

Ältere Anordnungen mit Venturi-Fahrtmessern haben den Nachteil, dass man mit dem Venturi-Rohr einen unangenehmen Kompromiss eingehen musste : Wenn das Standrohr so lang ist, dass man außerhalb der beschleunigten Strömung messen kann, die den Rumpf umhüllt, dann ist der Luftwiderstand des Standrohres groß. Verringert man die Standrohrlänge, wird die Messung verfälscht durch die beschleunigte Strömung, die durch die Luftverdrängung des Rumpfes entsteht. Deshalb sind Venturi-Fahrtmesser völlig aus der Mode gekommen und wir lassen sie hier fürderhin (tolles Wort, aber korrektes Deutsch) außer Acht.

Gemeinsam haben die beiden Fahrtmesserarten den statischen Druck als Bezugsgröße. Um ideal zu messen, darf sich der statische Druck nicht ändern, wenn das Flugzeug die Geschwindigkeit variiert, und auch dann möglichst nicht, wenn der Rumpf giert oder nickt.

Die Flugzeughersteller versuchen diese Bedingungen zu erfüllen, in dem sie in mühevoller Kleinarbeit am Prototypen eines neuen Flugzeugmusters AUSPROBIEREN, wo seitlich am Rumpf die Punkte sind, an denen statischer Druck herrscht. Meist gelingt das noch nicht einmal mit einem Punkt alleine, sondern der Druck wird an zwei oder vier Öffnungen in der Rumpfoberfläche abgenommen und im Rumpf zusammengeführt, so dass der Summendruck die Bedingungen erfüllt. An modernen Flugzeugen gibt es dazu meist zwei Stellen (denke dir Schnitte im Rumpf), wo die Bedingungen recht gut eingehalten werden können : Das ist einmal am Rumpf vorn, ungefähr einen bis ein einhalb Meter von der Rumpfspitze, und da ist eine Abnahmestelle cirka in der Mitte der Rumpftüte.

Beide Abnahmestellen haben ihre Tücken.

Bei der vorderen Abnahmestelle sind die (meist zwei, seltener vier) Öffnungen seitlich am Rumpf oder unter der Rumpfmitte angebracht, weil an der Oberseite die Plexiglashaube kein Loch zuläßt. Das führt dazu, dass die Druckabnahme empfindlich gegen Nickbewegungen ist. Der Vorteil dieser Druckabnahme ist, dass die Schläuche bis zum Instrument sehr kurz sind.

Bei der hinteren Abnahmestelle sind in der Regel vier Öffnungen x-förmig um den Rumpf verteilt. Diese Abnahmestelle ist ziemlich, nicht vollkommen, schiebe- und nickunempfindlich, hat aber den Nachteil langer Schläuche und sie kann durch das Ablassen des Ballastwasseres gestört werden.

Beim Staudruck (auch Pitot-Druck) liegen die Dinge einfacher : Da gibt es nur zwei Stellen am Flugzeug, an denen man den ungestörten Staudruck abnehmen kann. Das sind die Rumpfspitze und das obere Drittel der Seitenruderflosse. Nur diese beiden Bereiche des Flugzeugs liegen außerhalb einer durch die Umströmung der Rumpfkontur beschleunigten Strömung. Hält man ein Staurohr in diese beschleunigte Strömung, mißt man zuviel Staudruck und der Fahrtmesser zeigt zu hohe Werte an.

Für die Anzeigen des Fahrtmessers spielen die Fehler im statischen Druck durch Gier- und Nickbewegungen keine große Rolle, aber ein Fahrtmesser-Totalausfall wegen Schlauchflutung des statischen Druckes ist vermeidbar. Aus diesen Überlegungen heraus ist es sinnvoll, den Fahrtmesser über die Druckabnahmen an der Rumpfspitze zu versorgen. Bei einigen Flugzeugtypen schreiben das die Hersteller sogar vor, z.B. bei der DG800.

Die Staudruckmessung ist von der Dichte der umgebenden Luft abhängig. Unsere Fahrtmesser sind auf das Dichteniveau entsprechend 0 m NN = 1013,25 hPa bei 22°C geeicht.

In größeren Höhen entstehen Fehler in der Anzeige. Du kannst dir das anschaulich wie folgt vorstellen : Um einen gegebenen Staudruck für eine 100 km/h Fahrtanzeige zu "empfinden", muss das Staurohr - sagen wir mal - 1.000.000 Luftmoleküle/Sekunde treffen. Am Erdboden ist das so : 1 Million / Sekunde. Weiter oben gibt es bei geringerer Dichte weniger Luftmoleküle. Also muss sich das Staurohr (mit dem Flugzeug dran) schneller bewegen, damit es mehr Moleküle trifft. Das "Schneller" bezieht sich auf die Beobachtung der Flugzeuggeschwindigkeit von unten, im Flugzeug drin zeigt der Fahrtmesser ja die 100 km/h an.

Also : Die tatsächliche "physikalische" Geschwindigkeit ist höher als die angezeigte Geschwindigkeit, und zwar um ca. 7% je 1000 m oder 2% je 1000 ft Höhenzuwachs. Das ist eine Faustregel, die mit weniger als 10 % Fehler bis in Höhen von 5.000 m gilt.

Wenn man das noch ein wenig anschaulicher beschreiben will, dann so : Aus dem Staudruck macht der Fahrtmesser den IAS (Indicated Ais Speed), daraus wird der CAS (Calibrated Air Speed, wie weiter oben erklärt), auf den je 1000 m über Bezugsniveau 7 % drauf gerechnet werden müssen, um auf TAS (True Air Speed) zu kommen.

So, und das war nur die Folklore-Version. Bei hohen Geschwindigkeiten, die wir mit dem Segelflugzeug nicht erreichen, wird es durch die Kompressibilität der Luft noch weitaus komplizierter und stark mathematisch. Wer es wünscht, kann sich hier bei TAS -- Machzahl -- Schallgeschwindigkeit eine blutige Nase holen. Die Errechnung des genauen TAS im Flugzeug basierend auf Messwerten im Flugzeug ist eine sehr komplizierte Sache.

 

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