Unterstellen wir einmal, du hast einen sehr guten Tag erwischt und rast am Thüringer Wald nach Südosten. Die Basis liegt bei 2200 m. Das Steigen ist meistens zwischen 4 und 6 m/s. Der ganze Wald ist fast ohne Unterbrechungen eine lange Wolkenstraße und darunter lässt es sich toll geradeaus fliegen.
Irgendwo bei Suhl hast du dann einen besonders guten Bart bis an die Basis mitgenommen und jetzt geht es in den ersten Flusen weiter auf Bayreuth zu. Immer labiler wird es. Unter der Basis ist das Steigen heftig. 5 - 6 m/s lassen sich nicht so ohne weiteres wegdrücken. Bei 220 km/h wird der Geradeausflug ungemütlich, die Böigkeit grenzwertig. Schneller geht's nicht mehr, wenn das Flugzeug heil bleiben soll, aber es saugt dich in die Wolken. Ich unterstelle mal, du bist weder für Wolkenflug lizensiert noch ausgerüstet.
Was tun ?
Erste Maßnahme: Fahrwerk ausfahren, aber dabei beachten, dass es in deinem Flughandbuch dafür eine Maximalgeschwindigkeit gibt.
Zweite Maßnahme: Klappen ausfahren, aber dabei beachten, dass es in deinem Flughandbuch dafür eine Maximalgeschwindigkeit gibt.
Allerdings: Bei 220 km/h die Bremsklappen auszufahren - in der Böigkeit - ist nicht angenehm. Dann bleibt dir eventuell nichts anderes übrig, als hochzuziehen weiter in die Wolken. Wenn die Fahrt unter 160 km/h gefallen ist, fährst du die Bremsklappen voll aus und hältst sie fest. Jetzt kannst du wieder schneller werden, aber 220 - 250 km/h sollte die Grenze sein (je nach Flugzeugtyp). Der gelbe Strich an deinem Fahrmesser zeigt an, ab welcher Fahrt du dein Flugzeug nicht mehr mit vollen Rudern belasten darfst. Von da an geht es an die Substanz.
Bei 5 m/s Steigen werden diese Maßnahmen vielleicht schon nicht mehr ausreichen. Du wirst trotz allem in die Wolke gezogen.
Fazit: So schön das ist, unter der Basis dahin zu rasen. Ungefährlich ist das nicht. Dabei spreche ich noch nicht einmal vom Gegenverkehr oder den Tornados, die unter der Woche auch da zu erwarten sind. Je besser das Wetter ist, umso mehr Repekt brauchst du vor den Wolken. Nur wenn du noch nicht im Dreck bist, kannst du dich geordnet so ins Helle stürzen, dass du aus dem übermächtigen Steigen entkommen kannst. Wenn die Wolke dich eingeatmet hat, bist du ziemlich im Schlamassel.
Im schlimmsten Fall verlierst du innerhalb der Wolke die Lageorientierung. Jetzt ist es nur eine Frage der Zeit, bis du mit deiner Kiste eine völlig unkontrollierte Fluglage annimmst. Selbst mit allen Bremsklappen draußen (Wölber immer auf neutral stellen), kannst du dann so schnell werden, dass du an die Festigkeitsgrenzen kommst.
Mir (dem Horst) ist es natürlich in den 50 Jahren Segelfliegen gelegentlich auch schon passiert, "eingeatmet" zu werden. Mein Rezept : Wenn es ganz brenzlig wird, wenn es kein Oben und Unten mehr gibt, den Knüppel an den Bauch nehmen und festhalten, Fahrwerk raus, Klappen raus und festhalten. Ich muss dazu sagen, dass meine Flugzeuge, wie an anderer Stelle schon beschrieben, immer leicht schwanzlastig waren und deshalb mit gezogenen Höhenruder auch im Trudeln blieben, ohne in den Spiralsturz zu gehen, sonst hätte ich das nicht gewagt (Naja, bei der ASH25 war das grenzwertig). Ich bin auf diese Art und Weise immer intakt an Flugzeug und Körper aus den Wolken raus gefallen, allerdings auch immer mit heftigst flatternden Nerven. Ich bin auch einmal trotz oder wegen gezogenem Ruder auf dem Rücken aus der Wolke gefallen.
Ich will auf keinen Fall jemand dazu verleiten, mit dieser Prozedur im Hinterkopf das Problem leicht zu nehmen. Mir ist nie klar geworden, wie nahe ich bei diesen unerwünschten Maneuvern der Bruchgrenze war. Deshalb bin ich unter starken Wolkenstraßen sehr vorsichtig geworden.
Die beste Strategie ist, einen angemessenen Abstand von der Basis zu halten, vielleicht sogar den legal vorgeschriebenen :-). Und selbst 300 m Wolkenabstand sind bei massivem Wetter im Geradeausflug beim Hochziehen ruckzuck durchstiegen.