Sind Schwabbeln und Delphin verschiedene Dinge ? JEIN.

Delphin-Fliegen ist Helmut Reichmanns Erweiterung der alten Sollfahrttheorie, auch um aufsteigende Flugpfade. Sie schreibt vor, dass du mit der MacCready-Einstellung unter gereihter Thermik herfliegst, die dem nächsten Anfangssteigen entspricht, das du zentrieren kannst.

Wenn es unter der Reihung in erreichbarer Entfernung 5 m/s gibt, solltest du 5 m/s fliegen. Viel Spaß dabei und presse die Zähne aufeinander, sonst ist die Zunge ab !! Wenn du nur 2 m/s erwartest, dann sollst du 2 m/s fliegen. Was die Theorie schlecht erfasst, das sind die Verlusteffekte deines Zentrierens.

Wenn diese Zentren relativ zum Rest der Reihung schwach sind, ist es risiko-technisch nicht sinnvoll, weit runter zu fliegen, dass es sich wieder lohnt, einen Steigkern zu zentrieren und mitzunehmen. Dann ist es oft günstiger, den Ring auf "langsam" zu drehen, die Nase hochzunehmen und in der Art eines welken Blattes möglichst dicht unter der Basis der Reihung "geradeaus" zu fliegen, oder - genauer - mit dem Vario an der Hand den besten Weg durch die Reihung zu erfühlen. Dieses Geradeausfliegen mit einem deutlich niedrigeren MacCready-Wert als durch die Reichmann'sche Delphin-Theorie vorgeschrieben, wird lautmalerisch "Schwabbeln" genannt.

Ich sehe das so: Schwabbeln ist "angewandte Delphin-Theorie", nur unter schwachen Bedingungen und - das ist der springende Punkt - unter Berücksichtigung des Risikos, dass man die Bärte verfehlt. Lies den Artikel von John Cochrane, der vorschlägt, in der Höhe schnell und, je weiter du im Konvektionsraum absteigst, langsamer zu fliegen. Grundaussage: Ohne Risiko schnell, mit erkennbarem Risiko langsam. Wenn du schon an der Basis das Risiko siehst, ist langsam fliegen angesagt, also "Schwabbeln".

Ein weiterer Grund, warum die Bilanz des Schwabbeln besser ist als die des Delphin-Fliegens nach Reichmann-Einstellung, ist, dass das Zentrieren in schwacher Thermik entfällt. Die Geschwindigkeitspolare des Geradeausflugs ist erheblich günstiger als die Kurvenpolare bei 35° und mehr Querneigung.

Immer dann, wenn du schwache Reihungen erkennen kannst (Kondensen, "Fumulus" wie Brigliadori sagt), dann kannst du das ausprobieren.

Diese Technik des Vorwärtsfliegen ist risiko-minimal. Wenn die Reihung erkennbar wieder stärkere Bärte hergibt, dann musst du sofort wieder in den Standard-Delphinstil zurück wechseln. Aber Schwabbeln hilft, oben zu bleiben - und das ist fast immer die dominante Strategie.

Erwin Ziegler und Kai Lindenberg sind mir bekannte Meister dieser Technik.

"Schwabbeln" will gelernt sein: Wenn du langsam fliegst, darfst du keine G-Lasten ziehen. Das mag die schwache Grenzschicht des langsamen Flugzeugs überhaupt nicht. Trotzdem musst du mit relativ großen Ruderausschlägen der Thermik folgen. Und große Ruderausschläge sind bekanntlich immer energetisch schlecht. Du musst also wirklich das Steigen finden, um die aerodynamischen Nachteile auszugleichen. Einfach nur langsam zu fliegen, das ist nicht die Lösung. Du musst schon im Steigen rumschwabbeln.

 

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