Thermik ! Davon "leben" wir meistens, denn Hänge und Wellen sind nur an wenigen Flugplätzen verfügbar. Wohl denen an der Porta oder am Teuto oder an der Bergstraße oder in den Bergen !

Wir "normalen" Menschen müssen uns mit Thermik herumquälen. Da ist es eine gute Strategie, sich von dem Phänomen "Thermik" ein schlüssiges Bild zu machen.

Wie entsteht sie ? Durch Sonneneinstrahlung. Aber, das ist nicht allen bewusst, die Sonne heizt die Luft nur zu einem sehr sehr kleinen Anteil direkt auf. Fast 100% der Energieaufnahme der Luft geschieht durch Kontakterwärmung über den Boden und die Bewachsung oder Bebauung.

Der Boden kann aber auch nur dann Energie an die Luft abgeben, wenn er selbst erwärmt wurde. Und dabei ist Boden nicht gleich Boden in seiner Fähigkeit, Energie aufzunehmen und wieder abzugeben.

Drei Faktoren spielen dabei eine Rolle:

  • die Neigung des Bodens gegenüber der Sonne
  • das Albedo (die Energierückstrahlung) des Bodens
  • die Wärmeleitfähigkeit des Bodens mit seiner Bewachsung und Bebauung.

Eigentlich sind es nur zwei Faktoren, denn Albedo und Wärmeleitfähigkeit müssen immer zusammen betrachtet werden.

Einstrahlung auf Hang   und EbeneBei ebenem Boden und schräg stehender Sonne verteilt sich die ankommende Strahlung auf eine größere Bodenfläche verglichen mit der Strahlung, die senkrecht auf einen Hang fällt. Pro Quadratmeter Oberfläche trifft am Hang - bei passendem Sonnenstand - mehr Energie auf als in der Ebene.

Albedo ist die diffuse kurzwellige Rückstrahlung des Sonnenlichtes von einer Oberfläche. Eine Bodenoberfläche kann umso weniger Energie aufnehmen und dann wieder an die Luft abgeben, je höher das Albedo ist. Hier sind ein paar typische Werte des Albedos:

 

Frischer Schnee 0,80–0,90
Alter Schnee 0,45–0,90
Wolken 0,60–0,90
Wüste 0,30
Savanne 0,20–0,25
Felder (unbestellt) 0,26
Rasen 0,18–0,23
Wald 0,05–0,18
Asphalt 0,15
Wasserfläche (Neigungswinkel > 45°) 0,05
Wasserfläche (Neigungswinkel > 30°) 0,08
Wasserfläche (Neigungswinkel > 20°) 0,12
Wasserfläche (Neigungswinkel > 10°) 0,22

 

Überall da, wo das Albedo hoch ist, wird viel Energie zurückgestrahlt.

Wann hattest du den letzten Sonnenbrand im Schnee ?

Die eingestrahlte Energie ist immer kurzwellig : eben Licht. Sie ist nicht gut geeignet, die Luft zu erwärmen.

Das heißt aber nicht, dass da, wo das Albedo niedrig ist, die Thermik brummt. Das heißt nur, dass die Oberfläche einen großen Teil der Energie aufnimmt. Wenn die Wärmeleitfähigkeit der Oberfläche - wie die von Wasser oder von sumpfigen Wiesen oder von Wald - hoch ist, dann schluckt die Oberfläche die Energie zuerst einmal, ohne wieder etwas herzugeben.

Frühe Thermik kannst du über trockenen Sand- und Schotterflächen erwarten. Die Energie, die dort auftrifft, wird wegen geringer Wärmeleitfähigkeit nicht in tiefere Schichten abgeführt. Denk nur an den glühend heißen Sand an trockenen Stränden.

Deshalb geht auch die Schwäbische Alp so früh. Obwohl die Kalkfelsen teils hohe Albedo-Werte aufweisen, wird doch viel Energie aufgenommen und auch sofort wieder langwellig abgegeben.

Wenn, wie an der Schwäbischen Alb, heller Kalk das Oberflächengestein bildet, dann weiß ich:

  • Die Energie verschwindet nicht im Boden. Die Thermik setzt früh ein.
  • Das Wasser versickert schnell. Die Oberfläche bleibt trocken. Nach Regen oder Schauern baut sich die Thermik schnell wieder auf.

Und weil das in der Schwäbischen Alb so ist, kann ich erwarten, dass ich die gleichen Verhältnisse in den Montagne d'Or westlich von Beaune in Frankreich haben werde, denn dort liegt ebenfalls Kalk aus dem Jura an der Oberfläche.

Wenn aber, wie auf dem Hunsrück, Schiefer und Granite anliegen, weiß ich:

  • Das Wasser bleibt an der Oberfläche, jeder Schauer stellt die Thermik für längere Zeit auf Null.
  • Das Gestein strahlt wenig Hitze ab, die Thermik setzt spät ein, ist dann aber lange bis in den Abend sehr gut.

Und weil das mit anderen Hartgesteinen wie im Odenwald ähnlich ist, habe ich da auch die gleichen Verhältnisse.

Wenn ich in der Mecklenburger Seenplatte rumfliege, ist unter mir nur Wasser und Sand.

  • Bei trockenem Wetter setzt die Thermik früh ein, weil das Wasser versickert ist und der Sand oberflächlich Wärme abgibt.
  • Umkehrthermik darf ich in den etwas feuchteren Gebieten erwarten, nahe der Seen und feuchten Wälder.

 

Wie ich im Folgenden noch erläutern werde, ist es vorteilhaft für die Auslösung von Thermik, dass sich relativ große Temperaturunterschiede treffen,

  • z.B. die sandige Lichtung im Wald mit hohen Temperaturen über dem Erdboden gegenüber der kühlen Luft im umgebenden Wald,
  • z.B. der niedrig bewachsene Maisacker mit flirrender Luft neben dem kühlen Waldrand oder einem See.

Am späten Nachmittag, wenn die Sonne nicht mehr hoch steht, kehrt sich das Spiel um. Der Wald hat den ganzen Tag Energie gehamstert, die Felder werden flach angestrahlt und kühlen aus. Dann entfleucht dem Wald die warme Luft und, da er ein riesiges Reservoir an Energie gespeichert hat, erzeugt der Wald noch lange die begehrte Abend- oder Umkehrthermik.

 

Bleibt zuletzt die Oberflächengestalt (Orographie) zu erwähnen.

Lokalkolorit:

Ein gutes Beispiel für einen exponierten Hang in der Nähe von Reinheim ist der Taleinschnitt rund um das Sandbacher Klinikum. Der fängt die Morgensonne wie ein Brennglas. Früher, als es Frankfurt-Charlie noch nicht gab, sind wir (Rainer, Hucky und ich und andere) regelmäßig aus den 1000 m Abflug am Platz mit den LS1f-en dorthin geglitten, um den Überlandflugtag zu beginnen.

 

Wenn du die Oberfläche der Gegend um deinen Heimatplatz herum gezielt absuchst,  fallen dir sicher Hänge auf, die der Morgensonne exponiert sind und die dazu auch noch bei östlichen Winden angeblasen werden. Probiere die mal früh morgens aus.

 

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