Vielleicht kommt es dir übertrieben vor, wenn wir uns hier schon mit dem Thema "Rückholfahrzeug" auseinandersetzen. Dir muss aber klar sein, dass du spätestens am Ende deiner Grundausbildung, bei den Überlandflugübungen, zum ersten Mal damit in Berührung kommen kannst. Und wenn du deinen Schein hast und überlandfliegen willst, kommst du an dem Thema nicht mehr vorbei. Vielleicht bist du in der glücklichen Situation, dass dein Verein über ein für jedes Mitglied verfügbares Zugfahrzeug verfügt (bei Horst zu seinen Akaflieg-Zeiten [1972] waren das ein immens starker 52-PS-Diesel-Saugmotor-Mercedes und ein damals schon altersschwacher VW-Bulli !!) oder dass du genügend Freunde hast, auf deren Hilfe du zurückgreifen kannst.
Wenn du dieses Glück nicht hast, ja was dann ? Dann wirst du beim nächsten Autokauf die Anforderungen aus dem Rückholen berücksichtigen müssen. Wir haben sie gesammelt und gegliedert.
Zuerst ...
... musst dir als angehendem Autokäufer klar sein, wie oft du dein Fahrzeug zum Ziehen eines Segelflugzeuganhängers brauchst. Ist da lediglich gelegentliches Ziehen eines Hängers nach einer Außenlandung angesagt, stellst du dich darauf ein, viel überlandzufliegen und deshalb oft zurückholen zu müssen ? Oder fährst du gar mit dem Flugzeug in Urlaub ? Wenn ja, wohin : Ins norddeutsche Flachland oder in die Alpen, wo du den Hänger die Berge hochziehen musst?
Lohnen sich also Aufwand und Geld, um ein optimales Zugfahrzeug zu kaufen, das du im Alltag gar nicht brauchst ?
Hier sind die Kriterien, die du beachten musst :
Stützlast und Anhängelast
In der Zulassung des Hängers steht drin, welche Stützlast er auf der Kupplung ablegen wird. Für diese Stützlast müssen dein Auto und die Kupplung zugelassen sein.
In der Zulassung des Hängers steht auch drin, welches maximale Gesamtgewicht der Hänger haben darf. Und unabhängig davon, ob der Hänger gerade leer ist oder ob ein Flugzeug drin steht, für dieses Anhängergewicht muss dein Auto zugelassen sein.
Sinnvolle Stützlasten sind 75 kg oder 100 kg. Gängige Gesamtgewichte von Anhängern sind 1200 kg bei Einsitzern und 1800 kg bei Doppelsitzern.
Diesel vs. Benziner
Ein altes Thema.
Vorteile vom Diesel:
- Bestes Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen, deshalb gute Beschleunigung beim Anfahren mit dem erhöhten Gewicht.
- (Noch) geringere Treibstoffkosten als beim Benziner.
- Lange Lebensdauer des Motors.
Vorteile vom Benziner:
- Vergleichsweise geringere Anschaffungskosten als beim Diesel.
- Geringes Fahrgeräusch.
Automatik vs. Schaltgetriebe
Früher war eindeutig das Schaltgetriebe im Vorteil, als die Automaten meist nur mit drei Gängen kamen. Bei den modernen Automaten mit bis zu sechs Gängen und der Möglichkeit der Gangblockade in den niedrigen Gängen zum Bergabfahren ist es u.E. lediglich eine Kostenfrage, da das Automatikgetriebe mehr kostet, aber viel bequemer zu fahren ist.
Vorder- vs. Hinterradantrieb
Man sollte meinen, dass ein Auto mit Hinterradantrieb Vorteile bietet, wenn ein Anhänger mit einer hohen Stützlast angehängt wird - weil die Hinterachse mehr belastet wird und die Räder entsprechend hohen „Grip“ haben. Das ist auch so. Der Nachteil : Die entlastete Vorderachse, (geringere Haftung = geringere Lenkfähigkeit) ist allerdings bei den modernen Federungen gering, trotzdem sind die Vorderradantriebler, insbesondere bei nassen Straßen, ein bisschen im Nachteil. Am besten ist natürlich ein All-Rad-Antrieb.
Masse
Je schwerer das Zugfahrzeug, desto schwerer ist es durch einen ausbrechenden Anhänger aus der Ruhe zu bringen.
Außerdem wird die zulässige Anhängelast höher und die zulässige Stützlast wird, abhängig von der verwendeten Kupplung, günstig beeinflusst.
Maße
Ein großes Zugfahrzeug, hinter dessen Frontfläche der Anhänger verschwindet, wird beim Ziehen eines Anhängers einen eher geringeren Verbrauch haben als ohne Anhänger. Der Luftwiderstand erhöht sich kaum (wenn überhaupt), dafür wird mit einer vergleichsweise moderaten Geschwindigkeit (80 – 100) gefahren. Mein Multivan hat nie so wenig Diesel gebraucht wie bei Hängerfahrten, selbst wenn ich den großen Duo-Hänger am Haken hatte.
Bei einem kleinen Fahrzeug, das niedriger ist als der Anhänger, erhöht sich zusätzlich zum zu ziehenden Gewicht der Luftwiderstand erheblich und führt zu einem höheren Verbrauch.
Leistung
Ein schweres Fahrzeug mit wenig Leistung ist grundsätzlich schlecht. Das zusätzliche Gewicht des Anhängers kann nicht kompensiert werden. Es muss schon bei kleinen Steigungen zurückgeschaltet werden. Der Motor von Horst's altem Bulli hat schon 1972 gejammert.
Ein Fahrzeug mit hoher Masse braucht für sich selbst eine entsprechende Leistung. Zusätzlich sollte für das Ziehen des Anhängers noch Reserve vorhanden sein.
Überhang und Radstand
Der Überhang ist der Weg von der Hinterachse bis zum Kugelkopf der Kupplung.
Der Anhänger kann sich in zwei Richtungen bewegen. Beim Wippen bewegt sich die Deichsel nach oben und unten, beim Schlingern von links nach rechts. Letzteres erlebt man bei Seitenwindeinfluss und beim Überholen von LKWs oder Bussen, wenn man durch den Luftstau fährt, ersteres beim Überfahren von Wellen in der Straße, wenn das Zugfahrzeug zum Nicken gezwungen wird.
Wenn der Überhang groß ist, hat der Hänger einen größeren Hebel hinter der Hinterachse, um das Zugfahrzeug auf der Hinterachse zu drehen. Schon leichte Hänger entwickeln dann soviel Eigenleben, dass das Fahren ungemütlich oder gar gefährlich wird.
Je kürzer der Überhang, desto besser läuft das Hängergespann.
In dieser ganzen Betrachtung ist nicht berücksichtigt, dass der Drehpunkt (die Hinterräder) des Hebels selbst beweglich (kein fester Punkt des Archimedes) gefedert aufgehängt ist und dass dadurch das Schlingererlebnis noch verstärkt wird.
Wenn das Zugfahrzeug einen langen Radstand hat, ist der Schlinger- und Wippeinfluss des Anhängers weniger ausgeprägt als bei einem kurzen Auto.
Wenn die Kupplung des Zugfahrzeuges durch die Deichsel des Anhängers belastet wird, werden die Vorderräder entlastet. Entsprechend wird die Haftung der Reifen auf der Straße geringer. Das ist insbesondere bei Fronttrieblern nachteilig. Auch dieser Effekt wird umso geringer, je kleiner der Überhang ist.
Erfahrungen
VW Touran Diesel: 140 PS waren voll ausreichend, um im 6. Gang mit 100 km/h auf der Autobahn zu fahren ohne schalten zu müssen. Langer Radstand, kurzer Überhang. Gute Fahreigenschaften.
VW T4 Multivan: Der Fünfzylinder Diesel mit 150 PS von Audi war einfach super. Ist hinter Grenoble die Autobahn im 6. Gang bei 100 hochgefahren ohne zu mucken. Langer Radstand, kurzer Überhang. Gute Fahreigenschaften.
Horst fährt gerade einen Audi A6 mit 230 PS. Viel besser kann ein Zugfahrzeug kaum sein:
Allrad, 6-Gang-Automatik, langer Radstand, kurzer Überhang. stark, schwer, nur ein wenig niedrig. Sehr gute Fahreigenschaften.
Resumee
Was gut ist, kosten viel Geld. Jeder muss sein Seelenheil im Geldbeutel selbst finden oder langsam fahren :-), am besten beides.
Und noch ein paar Ratschläge:
Lass es mit dem Hängerfahren langsam angehen. Jedes Gespann hat seine Besonderheiten, sei es die Geschwindigkeit, ab der es - leer oder voll - wackelig und instabil wird, sei die Seitenwindempfindlichkeit. Du musst dich an die Grenzen herantasten.
Wenn der Hänger eine Antischlingerkupplung und Stoßdämpfer hast, darfst du bei einem gesunden Masseverhältnis Auto zu Hänger auf deutschen Straßen bis zu 100 km/h fahren, im Ausland sogar oft mehr. Das ist oft schon jenseits der Komfortzone. Die Massenverteilung im Anhänger spielt da auch eine wichtige Rolle.
Viel Masse im Hängerheck ist gefährlich.
Viel Wind ist gefährlich.
Unangepasster Druck in den Reifen ist sehr gefährlich.
Einseitig kaputte Stoßdämpfer sind ein absolutes NO-NO.
Bitte überprüfe vor Abfahrt am Hänger genau, ob alle Beleuchtung ihren Dienst tut.