Allgemein formuliert heißt das Optimierungsproblem:
Gegeben sind dein Flugzeug, das Steigen im Bart und der Wind. Wie hoch musst du steigen, um dein Ziel zu erreichen ? Und welche Geschwindigkeit musst du dann fliegen ?
Selbstverständlich ist die Polare deines Flugzeugs wieder die Grundlage der Rechnung.
Klar ist, wenn du mit Gegenwind zum Ziel kurbelst, dann frisst die Versetzung einen Teil deiner erkurbelten Höhe auf und die Entfernung, die du zurücklegen musst, um nach Hause zu fliegen, wird während des Kurbelns größer. Das ist also eine ziemlich komplizierte Sache.
An dieser Stelle habe mich mich ja noch dem Paradigma verschrieben, dass ich dir zeigen will, wie man das Problem löst, ohne auf die Rechenknechte zurückzugreifen.
Dazu musst du den Anspruch aufgeben, schon beim Einsteigen in den Bart wissen zu wollen, wie hoch du im Endeffekt steigen musst. Die Aufgabe kannst du ohne Rechenknecht nicht lösen. Aber du kannst dich der Größe annähern, wenn du die im Folgenden genannte Rechnung alle zwei bis drei Kreise wiederholst.
Nähern wir uns einmal dieser praktischen Lösung: Der Windeinfluss im Steigen wird vernachlässigt, bzw. das Optimierungsproblem soll immer nur zu diskreten Zeitpunkten gelöst werden, zB während des Steigens alle drei Kreise.
Dann sieht das Optimierungsproblem so aus (Zeichnung links). Mit der Zeichnung rechts wird es graphisch lösbar.
Drei Tangenten siehst du in der Zeichnung unten. Alle starten bei einer MacCready-Einstellung von 1 m/s, was bedeutet, du optimierst den Endanflug so, weil du gerade im letzten Bart ein Steigen von 1 m/s hast. Der Rückenwind (nach links) und der Gegenwind (nach rechts) machen die Tangente, auch Gleitpfad genannt, flacher bzw. steiler. Du kannst deshalb dieser Zeichnung entnehmen, welche Gleitwinkel du erreichst, wenn du mit MC 1 im Rückenwind oder Gegenwind nach Hause fliegst - in ruhender Luft. Das Gleiche kannst du zeichnen für alle möglichen MacCready-Einstellungen (von 0 bis 5 m/s) und für alle Zwischenstufen des Windes (-40 km/h bis +40 km/h). Und aus diesen Gleitwinkeln kannst du dir eine Endanflugtabelle bauen, wie ich sie hier für die LS4 schon habe.
In der Tabelle siehst du die notwendigen Endanflughöhen für 10 km Strecke unter den Bedingungen des Windes (-40 km/h Gegenwind bis 40 km/h Rückenwind) und für die verschiedenen MacCready-Werte.
Annahme: Du bist 25 km vom Platz weg und steigst mit 1,5 m/s. Du beobachtest einen Gegenwind von 5 km/h. Das Optimierungsproblem löst du, in dem du die Zeile mit dem Steigwert deines letzten Bartes suchst (hier MC 1,5) und in der Spalte schaust, die deinem Wind entspricht (hier zwischen 306 und 330 m). Bei 5 km/h Wind nimmst du den Mittelwert (hier 322 m). Weil du 25 km vom Platz weg bist, multiplizierst du die 322 m mit 2,5, denn die 322 m gelten für 10 km Strecke, also 322 * 2,5 = 805 m.
Natürlich enthält die Tabelle keine Sicherheitshöhe. Also musst du die Platzrundenhöhe (200 m) noch oben drauf rechnen. Und wenn du nach QNH-Höhenmessereinstellung fliegst, dann kommt noch die Zielplatzhöhe dazu.
Und wie schon gesagt, du musst die Rechnung während des Steigens spätestens alle drei Kreise wiederholen, denn je nach Rücken- oder Gegenwind schiebt dich der Wind aufs Ziel zu, dann brauchst du weniger Höhe, oder er schiebt dich vom Ziel weg, das brauchst du mehr Höhe.
Bis in die Achtziger Jahre hinein gab es gar kein anderes Rechenverfahren. Da haben alle mit einer solchen Tabelle - oder wenn es komfortabel wurde - mit einem Kreis- oder Zungenschieber (Holtkamp) gerechnet.
Deine Vorfluggeschwindigkeit ergibt sich wie im normalen Überlandflug aus der Tangente an der Polare. Das bedeutet, dass zweckmäßigerweise dein MacCready-Ring und/oder dein Sollfahrtgeber ganz normal zu benutzen sind.
Ich habe in diesen Ausführungen, ohne das zu erwähnen, noch eine weitere vereinfachende Annahme getroffen, die allerdings kritisch ist.
Wenn du im Endanflug gleitest, wie das oben erklärt wurde, geht dein Rechenmodell davon aus, dass sich das Fallen und Steigen, das du durchfliegst, zu Null ausgleichen, beziehungsweise dass du durch ruhende Luftmassen fliegst. Diese Annahme steht - zumal für dich als Anfänger - auf tönernen Füßen.
Wenn du später mal viel Erfahrung (seufz) hast, kannst und wirst du deinen Flugweg so optimieren, dass du tragenden Linien folgst, Wolken oder Hängen. Dann hält die Annahme - vielleicht. Als Anfänger gelingt dir das nicht, also ist die Annahme nicht haltbar. Zumal, wenn du dich dem Zielplatz näherst und niedriger bist, hast du nur wenige Optionen, deinen Flugweg zu gestalten. Dann fällt die Luft fast immer.
Wie du schon aus der MacCready-Theorie weißt, musst du in fallender Luft schneller fliegen. Die höhere Geschwindigkeit UND die fallende Luft verderben dir deinen Gleitwinkel. Er wird schlechter. Du kommst nicht nach Hause.
Weiter oben (unterstrichen und kursiv) habe ich die Sicherheitshöhe erwähnt. Aber du armer Schlucker, wieviel Sicherheit musst du einbauen ?
Die Antwort auf die Frage ist einfach, der Weg zur Lösung nur bedingt, allerdings bietet sich ein Daumenregel-Verfahren an.
Ich werde diesen Weg so erklären, dass kein teures Vario mit Endanflugrechner vorausgesetzt wird. Was du korrekterweise bräuchtest, wäre das mittlere meteorologische Fallen der Luft, in der du beim Gleiten fliegst.
Du kannst das wissenschaftlich genau machen, in dem du deine mittlere Geschwindigkeiten und dein mittleres Fallen im Gleiten beobachtest (natürlich schon lange vor dem Endanflug). Suche im Polarendiagramm diese Geschwindigkeit auf (waagerechte Achse), dann kannst du (senkreckt) ablesen, wieviel mittleres polares Fallen du hattest. Nun ziehe das mittlere polare Fallen vom beobachteten mittleren Fallen aus dem Gleiten ab und du hast das mittlere (metereologische) Fallen der durchflogenen Luftmasse.
Wenn du wieder gleiten musst, diesmal wirklich im Endanflug, kannst du als Näherung erwarten, dass du wieder durch Luftmassen fliegen wirst, die ungefähr so stark fallen.
Je später der Heimflug, desto weniger Fallen kannst du erwarten.
Aber:
Ich sehe ein, das ist viel zu viel Stress. Und ich mache mir diesen Stress mit der "hochwissenschaftlichen" Abschätzung auch nicht. Ich habe eine Faustregel : Bei relativ ruhigem Wetter nehme ich ein meteorologisches Fallen von 0,5 m/s an, bei noch aktivem Wetter 0,7 m/s und in der Spitzenthermikzeit oder bei sichtlich hohem Risiko 1,0 m/s.
Für die weitere Erklärung des Verfahrens nehme ich jetzt mal an, das mittlere Fallen liegt bei 0,5 m/s. Und jetzt springe ich zurück zu dem Punkt, an dem du mit dem mittleren Steigen deines letzten Bartes die Endanflughöhe berechnest. Jetzt lege auf das mittlere Steigen aus dem letzten Bart das mittlere meteorologische Fallen der im Endanflug zu durchfliegenden Luftmasse noch mal oben drauf ( 1,5 m/s + 0,5 m/s ) und gehe dann erst in deine Endanflugtabelle. Warum ist das sinnvoll ? Wenn du mit MacCready-Einstellung 1,5 m/s (was übrigens schon ganz schön happig ist) losfliegst, wirst du vom meteorologischen Fallen gezwungen, nicht deine beste Fahrt für 1,5 m/s zu fliegen, sondern für 2 m/s, denn zu deinem polaren Fallen kommt das meteorologische Fallen hinzu. Genau der unangenehme Fall, den ich oben skizziert habe.
Wenn du aus der Endanflugtabelle die Endanflughöhe für 2 m/s entnimmst (870 m gegenüber 805 m im alten Fall von 1,5 m/s), weißt du, wie hoch du steigen musst, um dann mit 1,5 m/s MacCready heimzufliegen. Im konkreten Fall also 870 m + Platzhöhe + Platzrundenhöhe (QNH) !!
Nochmal zusammengefasst: Die erforderliche Endanflughöhe wird mit dem Steigen aus dem letzten Bart PLUS dem erwarteten metereologischen Fallen errechnet. Der Sollfahrtgeber oder -ring wird im Endanflug aber NUR auf das letzte mittlere Steigen gestellt.
Später, wenn du Mäusekinos hast, rechnest du im EAF-Rechner mit dem höheren MacCready-Wert (mit der Sicherheit !!), stellst aber am Ring oder E-Vario-Sollfahrtgeber den niedrigeren Wert ein.