Die Vorbereitung von Strecken, bevor du diese Aufgabe dann abfliegst, ist ein vielschichtiges Thema. Dieser Vielschichtigkeit muss ich im Aufbau der folgenden Darstellungen Rechnung tragen. Dazu will ich das Thema zweimal aufrollen:

  • für den Piloten, der am Anfang seiner Überlandflugkarriere steht
  • für den ambitionierten Piloten, der nach großen Strecken jenseits der 500 km strebt.

In dem hier vorliegenden Themenbaum unter "... zu den Diamanten" behandle ich den ersten Fall. Ambitionierte Piloten, die nach den 500 km nach mehr streben, seien hierher verwiesen.

An dieser Stelle will ich Navigation so erklären, dass du keinen elektronischen Flugdatenrechner, keinen Endanflugrechner und keinen PDA bemühen musst. Alles was du brauchst, ist Zeit für eine Vorbereitung, ein Stück Papier, ein Lineal und ein Kursdreieck.

Los gehts:
Wenn du im Segelflugzeug überland fliegen willst, musst du zunächst einmal eine Streckenwahl treffen. An anderer Stelle habe ich skizziert, wie du hier die ersten Gehversuche machen kannst. Im Weiteren setze ich voraus, dass du dich - aus welchen Gründen auch immer - für eine Strecke entschieden hast.

KursstricheDu beginnst damit, dass du diese Strecke auf die Karte malst (EDDING, Fettstift) oder klebst (gelbe Streifen o.ä., gibt es im Zubehörhandel, z.B. bei Üli) zu kaufen) und die Kurse und die Schenkeldistanzen ausmisst und zur Streckenlänge summierst.

Wenn du am Anfang stehst, wirst du dich fragen, ob du diese Strecke schaffen kannst: Streckenlänge 200 km, Schnitt 50 km/h, also brauchst du vier Stunden. Um fünf am Nachmittag willst du zuhause sein, weil du dann der Thermik nicht mehr traust, also musst du spätestens um ein Uhr starten.

Aber kannst du diesen Schnitt fliegen ? Aus der MacCready-Theorie weißt du, dass bei jedem Flugzeugtyp zu einem angenommenen Wert von mittlerem Steigen eine theoretische Schnittgeschwindigkeit (siehe "Randthema") gehört. Gib dir mal ein mittleres Steigen von 1 m/s, rechne deine theoretische Schnittgeschwindigkeit aus, ziehe 15 % ab, nimm diese Geschwindigkeit für deine oben angegebene Überschlagsrechnung und versuche es nochmal. Wenn die neue Schnittgeschwindigkeit kleiner ist als zuerst verwendeten 50 km/h, dann musst früher starten oder eine kleinere Strecke fliegen.

Also alles in allem: Deine Streckenwahl hat die erste Hürde überstanden, sie erscheint für dich machbar. Jetzt kommt die Detailvorbereitung. Sie soll dir sagen, wie sich der Wind auf deine Flugdurchführung auswirken wird.

Der Wind wird die Schenkel deiner Strecke wahrscheinlich schneiden. Dann wird dich der Wind aus dem Schenkel heraus ins Lee versetzen. Um das auszugleichen, musst du "vorhalten", also ins Luv deines Wendepunktes zielen.

Luv-WinkelDer Wind wird dich, je nachdem ob er von vorn oder von hinten kommt, langsamer oder schneller machen. Du bekommst eine Rückenwind- oder Gegenwind-Komponente.

Vorhaltewinkel und Komponenten gilt es zu finden - für jeden Schenkel oder für jede Teilstrecke. Daraus wird sich eine neue Flugdauer ergeben, meist ein wenig länger als ohne Wind. Die Fragen nach Vorhaltekursen, Windkomponenten, Geschwindigkeiten über Grund und Flugdauer lassen sich mit Hilfe des Winddreiecks lösen.

Die Grundlagen dazu findest du in jedem Anfängerbuch detailliert beschrieben. Wesentlich für die eigentliche Flugdurchführung sind

  • die Vorhaltewinkel oder besser noch die Vorhaltekurse
  • der Flugzeitplan.

Den Vorhaltewinkel musst du beachten, um deine Wendepunkte zu finden und zu erreichen, sonst treibt dich der Wind vom Kurs ab.

Diese Zusammhänge dürften dir nicht neu sein, denn sie waren Gegenstand der theoretischen Luftfahrerscheinprüfung im Fach Navigation.

 

Der Flugzeitplan gibt dir die Information, ob du deinen Flug mit der Aussicht auf Erfolg fortsetzen kannst oder ob du hinter deinem Zeitplan herfliegst und wahrscheinlich auf dem letzten Schenkel zu den Kühen musst.

Als Anfänger wirst so beginnen. In meiner bescheidenen Art rate ich dir jedoch, den Gesamtflug, wenn er denn größere Schenkel hat als 75 km, in kleinere Abschnitte zu unterteilen. Das gibt dir mehr Entscheidungsmöglichkeiten über einen Flugabbruch. An der ersten Wende ist es vielleicht schon zu spät für einen Abbruch mit erfolgreicher Rückkehr nach Hause.

Nun kommt noch weiterer Aspekt zur Kartenvorbereitung hinzu: Die Auffanglinien und die Landmarken.

Eine Auffanglinie ist ein gut sichtbares Geländemerkmal, idealerweise quer zu deinem Kurs ausgedehnt (eine markante Straße, ein Tal, ein Fluss, Autobahn, Eisenbahn). Wenn du einmal in der Klein-Klein-Navigation den Faden verloren hast, das heißt, du weißt noch: Ich bin rechts vom Kurs, aber die exakte Position fehlt. Dann ist es eine gute Methode auf dem bisherigen Vorhaltekurs weiterzufliegen (wozu brauchst du mitten auf dem Schenkel kilometergenau deine Position ?), bis du die nächste Auffanglinie triffst. Die solltest du identifizieren können. Und schon bist du mit der Klein-Klein-Navigation wieder aufgegleist.

Landmarken sind große, unübersehbare, möglichst unverwechselbare geographische Merkmale wie:

  • der Fernsehturm von Bad Mergentheim
  • der Fernsehturm auf dem Messelberg
  • der Fernsehturm von Harburg
  • der See von Wassertrüdingen
  • die Mainschleife bei Wertheim
  • das KKW Grafenrheinfeld

Du kannst Landmarken ähnlich wie Auffanglinien verwenden. Die Kurse deiner Strecke gehen zwischen diesen Merkmalen hindurch und du musst dir aufschreiben, wann du (ungefähr) in welcher Entfernung die Landmarken nahe an deinem Kurse passieren wirst.

Zuletzt musst du noch die Strecke mit dem Finger auf der Karte "abfliegen" und dir alle Lufträume anschauen, denen du ausweichen musst. Vielleicht gibt es da Sektoren, deren Freigabe einen Funkverkehr erfordert. Da musst du VOR dem Flug wissen, auf welcher Frequenz du dich an wen zu wenden hast, um die Freigabe zu bekommen.

Jetzt solltest du alles haben, um auf Strecke gehen zu können.

 

Version 8 ---- Copyright © 2008 - 2020  Horst Rupp