Wir Segelflieger gehen wie alle Menschen gerne den Weg des geringsten Widerstands. Früher fand Navigation mit Karten statt, heute mit Moving Maps. Objektiv muss man uns Segelfliegern zugute halten, dass es bei der heutigen Luftraumstruktur an einigen Orten ohne diese Moving Map Systeme gar nicht mehr geht.
Da seit einigen Jahren jetzt das Fliegen nach Moving Maps gang und gäbe geworden ist, vertrauen wir uns diesen Geräten in weitem Maße an. Zwar wird jeder Pilot alleine schon aus luftrechtlichen Gründen immer passende und aktuelle Karten mitführen, aber wer, Hand aufs Herz, kramt die schon aus ihrem Verlies heraus, außer wenn es ganz brenzlig wird. Da ist es doch immer der PDA, der die Richtung angibt.
Die luftrechtlichen Aspekte mal außen vor gelassen, was ist daran falsch? Zunächst mal nichts, wenn … Ja wenn !! Wenn die Daten für das Moving Map System korrekt und vollständig sind.
Und da, meine ich, hapert es bei uns Segelfliegern stellenweise gewaltig.
Einerseits haben wir wenig Ahnung davon, wie exakt und aktuell die Daten sind, mit denen wir im Moving Map fliegen, insbesondere dann, wenn wir nicht zuhause fliegen - oder wenn wir auf einem Flugzeug fliegen, dessen Ausrüstung nicht unserer Kontrolle unterliegt, z.B. auf einer Vereinsmaschine.
Und andererseits haben die wenigstens von uns einen Schimmer davon, wo die Grenzen und Limitationen dieses Systems von Luftraumdaten und ihrer Interpretation in den Moving Maps liegen.
Hier das erste der Probleme mit den Luftraumdaten im Zusammenhang mit der Nutzung mit Moving Maps:
Wir hier in Deutschland sind seit einigen Jahren gut dran. Die DFS veröffentlicht die deutschen Luftraumdaten als Open Airspace Datei jährlich im März/April auf aktuellem Stand. Da nehme ich an, dass diese Daten aktuell und korrekt sind. Diese Daten sind auf der Homepage des DAeC herunter zu laden. Änderungen, die übers Jahr greifen, werden als Datei NICHT veröffentlicht. Jeder Pilot ist also selbst verantwortlich dafür, alle NOTAMs und AIP-Veränderungen nachzuhalten. Das heißt, die jährlich herausgegebene Luftraumdatei ist nachzubessern.
In anderen Ländern sind die Segelflieger nicht so gut versorgt. Mir ist zur Zeit kein anderes Land bekannt, in dem die Behörden einen ähnlichen Service liefern.
In Frankreich hat Regis Kuntz diese Last, die er jahrelang trug, an den Verband abgegeben. Die Daten sind hier verfügbar. Dort gibt es sogar Updates unterjährig.
Mit etwas Abstand betrachtet ergibt sich damit folgendes Bild: Aus offiziellen und weniger offiziellen Quellen kann man die jeweiligen nationalen Luftraumdaten erhalten. Ein guter Quellen-Tipp ist immer der Segelflugserver von John Leibacher. Allerdings gibt es auch dort, wie überall bei anderen Quellen im Netz, die Daten nur auf "AS-IS"-Basis, ohne jede Gewährleistung von Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Letztenendes ist ja auch jeder selbst für seine Daten verantwortlich.
Jetzt kommen die kleinen Schwierigkeiten am Rande, die unsere – zumindest meine – schöne heile Welt kaputt machen:
Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, wenn nicht gar notwendig, die Daten, so wie wir sie bekommen, in Details zu verändern. Damit meine ich nicht die schon erwähnten Nachbesserungen an der Luftraumdatei wegen der Veränderungen übers Jahr, sondern ich meine damit Änderungen, die ich selbst einbringe.
Wenn ich das z.B. an den deutschen Daten des DFS tue – das ist ganz einfach mit einem Text-Editor zu bewerkstelligen - , dann geht mir die Veränderung wieder verloren, sobald ich die neuen Daten des nächsten Jahres verwenden will. Alle Änderungen, die ich auf Grund von Veränderungen der Luftraumsituation (NFLs, NOTAMs) gemacht habe, werden mit größer Sicherheit mit der neuen Ausgabe der DFS-Luftraumdatei berücksichtigt sein. Verloren gehen aber meine eigenen Änderungen.
Ich habe keine Möglichkeit - außer mit beträchtlichem Aufwand - jährlich einen Abgleich zu erzeugen zwischen den Daten des letzten Jahres (mit meinen Änderungen) und den neuen Daten des aktuellen Jahres. Vielleicht haben sich die Original-Lufträume, an denen ich „gebastelt“ habe, im neuen Jahr gar nicht verändert. Dann müsste ich die neuen Lufträume gar nicht in meine eigene Datei übernehmen, sondern könnte bei den alten Daten mit meinen Änderungen bleiben.
Das Problem liegt also darin, dass die Nutzung neuer Daten (der Update) immer auf der Basis einer neuen Gesamtdatei stattfindet, nicht auf der Ebene einzelner Lufträume.
Nun wirst du fragen: Warum will der Horst die Daten überhaupt ändern? Das werde ich jetzt en detail erklären.
Ich fliege in Reinheim im Odenwald. Der Platz liegt unterhalb des CVFR-Charlie-Deckels von Frankfurt, 12 km vom Rand. Am Platz dürfen wir unter dem Deckel bis auf 910 m GND steigen, an vielen Tagen bekommen wir höhere Freigaben in unseren „Segelflugsektoren“.
Diese „Sektorenregelung“ haben die Segelflieger um und unter CVFR-C zusammen mit dem Ausschuss unterer Luftraum (AUL) im DAeC, ausgehend vom jährlichen „Frankfurter Gespräch“, zusammen mit der DFS entwickelt. Ähnliche Regelungen gibt es an vielen anderen Beschränkungsgebieten und Lufträumen, die normalerweise für Segelflug tabu sind.
Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass die Frankfurter Regelung nur von den Piloten der assoziierten Vereine benutzt werden darf, und nur nach Nachweis entsprechender Schulung für das Nutzungsverfahren. Ähnliches gilt für einige andere Sektorenregelungen an anderen Beschränkungsgebieten. Diese Sektoren sind also NICHT ÖFFENTLICH.
Im Gegensatz dazu sind andere Segelflugsektoren veröffentlicht, die Nutzungsverfahren sind bekannt und die Sektoren dürfen durch jeden Segelflieger mit entsprechenden Scheinen nach geordneten Verfahren genutzt werden. Diese Sektoren sind auch in der ICAO-Karte eingezeichnet. Die NICHT-ÖFFENTLICHEN Sektoren sind nicht eingezeichnet.
Zurück zum Beispiel CVFR-Gebiet Frankfurt : Zur Illustration habe ich die - nicht öffentlichen - Sektorenschnitte entlang der in der Karte eingetragenen Linie aufgezeichnet. Ganz grob: Die Segelflugsektoren sind „Tortenscheiben“, die aus den gesperrten Lufträumen zu unseren Gunsten ausgenommen werden. Ich benutze das Beispiel der Sektoren am CVFR-Gebiet Frankfurt, obwohl sie (fast alle) nicht öffentlich sind, denn das hier vorgestellte Verfahren funktioniert natürlich bei allen Sektoren - öffentlich oder nicht-öffentlich.
Wenn ich die unveränderten Luftraumdaten der DFS im PDA benutze und in Reinheim über die 910 m GND steigen will, wird mich mein PDA vor dem Eindringen in den Luftraum Charlie warnen. Wunnebaar. Auf Nachfrage habe ich aber erfahren, dass wir z.B. bis 4000 ft MSL steigen dürfen, also 1060 m GND. Aber wie sage ich das meinem PDA, der mich dauernd nervt ? Ich kann nur den Luftraum Charlie für einige Minuten, eine Stunde, den ganzen Tag oder ganz und gar inaktivieren.
Wenn ich einen guten Bart habe, sagen wir 1,5 m/s, dann durchsteige ich nach Adam Riese das Höhenband zwischen 910 m und 1060 m in 100 Sekunden. Selbst wenn ich den Luftraum nur für 5 Minuten inaktiviert habe, kann mich der PDA nicht davor warnen, nach oben in den verbotenen Luftraum einzudringen. Und der PDA kann mich dann auch nicht davor warnen, die Sektoren seitlich in Richtung Kernbeschränkungsgebiet zu verlassen.
Dieses Problem habe ich für mich gelöst, in dem ich die Originaldaten verändere. Ich schneide aus dem Original-Charlie-Gebiet die Sektoren aus. Und dann erzeuge ich neue Lufträume der Klasse Charlie, die scheibenweise – immer in 500 ft Scheiben, denn das entspricht erfahrungsgemäß den Freigaben – die Lücken ausfüllen (hier gelb hervorgehoben).
Baustelle Zeichnungen veraltet
Wenn ich jetzt gegen den ersten Deckel bei 910 m GND (3500 ft MSL) steige und ich habe eine Freigabe bis 4000 ft MSL, dann muss ich nur den untersten der neuen Lufträume inaktivieren. Wenn es mir droht, gegen die 4000 ft zu stoßen, bekomme ich wieder eine Warnung. Und wenn dieser Luftraum auch freigegeben sein sollte, kann ich auch den wieder inaktivieren und habe immer noch einen für den PDA erkennbaren Deckel über mir. Und die Warnungsfunktion beim seitlichen Verlassen des Sektors in Richtung Kernbeschränkungsgebiet bleibt ebenfalls immer erhalten.
Das eigentliche Problem, das ich mit der Datenveränderung umgehe, ist eine Eigenschaft der PDA-Programme (nach meinem Wissensstand sind da alle gleich): Die Luftraumüberwachung in den PDAs kann nur davor warnen, einen verbotenen Luftraum zu betreten. Sie kann nicht erkennen, dass sich Luftraum Charlie und die Sektoren „durchdringen“ und dass einmal, nach Gusto der DFS, der aktive Sektor das Verbot durch den Luftraum Charlie außer Kraft setzt und ein ander Mal der inaktive Sektor nicht.
Es funktioniert also nicht, den Segelflugsektor zu AKTIVIEREN, um den PDA zu veranlassen, die Warnung zu unterdrücken, wenn man in den Luftraum Charlie einfliegt – und den Segelflugsektor zu INAKTIVIEREN, wenn keine Freigaben vorliegen. Die Ausschlusslogik des PDA funktioniert eben nicht so, wie wir Menschen das handhaben können.
Langer Rede kurzer Sinn: Das ist ein Grund, die Originaldaten zu „massieren“ - einer der Gründe, es kommen noch ein paar andere dazu.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich die Daten nicht verfälsche. Wenn ich keinen meiner selbstgestrickten Lufträume inaktiviere, lässt mich der PDA nicht in Charlie rein. Ich verändere die Daten lediglich so, dass der PDA und ich in der Luft sinnvoll mit ihnen umgehen können.
Nächstes Problem:
Lade mal in deinen PDA (oder in dein Desktop-System wie StrePla oder SeeYou oder …) die Originaldaten von Deutschland, die aktuellen Daten von Regis Kuntz und die Schweizer Luftraumdaten (gibt es in der nach meinem Wissensstand neuesten Version bei John Leibacher, der Autor ist Reinhold Müller). Und dann schaust du dir mal das Gebiet um den Baseler Flughafen herum an. Da wird es dir ganz schwummrig. Nichts stimmt überein.
Wenn ich mal für die deutschen Luftraumdaten bürge, dann ist es erwiesenermaßen nicht so, dass in der französischen Datei Unfug steht und es ist auch nicht erwiesen, dass die Daten von Reinhard Müller falsch sind. Da sind einfach drei nationale Behörden, die nicht miteinander reden und jede für sich die Wahrheit gepachtet haben.
Wenn in dem Luftraum, den man als Segelflieger nutzt, solche „Grenzprobleme“ auftauchen, muss man eine Lösung finden. Jeder Luftraum sollte nur einmal und korrekt, zumindest sinnvoll, im PDA sein.
- Du wirst also nicht umhin kommen, die Daten aller Quellen zusammen in eine Datei zu stecken und Dubletten von Lufträumen raus zu löschen.
- Und du wirst eventuell nicht umhin kommen, Lufträume in ihrer Ausdehnung zu verändern, also wirklich zu „verfälschen“. Das kann aber erfahrungsgemäß immer in Richtung größerer Beschränkung geschehen, bildet dann quasi eine Erhöhung der Sicherheit.
Die Luftraumdaten um Basel stehen hier nur symptomatisch für diese Probleme mit der fehlenden grenzüberschreitenden Abstimmung von Luftraumdaten. Über ähnliche Probleme bin ich bei vielen grenzüberschreitenden Luftraumstrukturen gestoßen.
Letztes Problem (zugegebenermaßen ein meist kleines Problem):
Die Lufträume im PDA werden in einer Sprache beschrieben, dem Open Air Space Format. Die Koordinatenangaben darin sind immer entweder sekundengenau
AC CTR
AN FRANKFURT
AL GND
AH 1500MSL
DP 50:07:30 N 008:27:00 E
DP 50:06:15 N 008:38:35 E
DP 50:07:20 N 008:43:00 E
DP 50:01:40 N 008:46:00 E
DP 50:00:55 N 008:42:45 E
DP 49:59:15 N 008:35:50 E
DP 49:55:35 N 008:35:55 E
DP 49:55:00 N 008:35:55 E
DP 49:54:55 N 008:27:00 E
DP 49:57:30 N 008:27:00 E
DP 49:57:50 N 008:21:45 E
DP 50:00:00 N 008:21:30 E
oder genau auf Hundertstel Minuten.
DP 43:28.900 N 005:27.867 E
Im Sinne der Zahlentheorie haben wir es diskreten Zahlen zu tun, nicht mit reellen Zahlen.
An anderer Stelle innerhalb der Darstellungsmöglichkeiten des Open Air Space Formats ist es möglich, Kreisbögen zu beschreiben.
V X=47:35:24 N 007:31:45 E
DB 47:33:03 N 007:40:44 E,47:41:33 N 007:34:50 E
oder
V X=52:26:00 N 007:12:00 E
DC 5.0
Die Koordinaten, die sich durch eine Konstruktion des Kreisbogens ergeben, sind aber notwendigerweise reelle Zahlen, weil bei der Konstruktion Pi ins Spiel kam und Pi ist eine reelle Zahl.
Das bedeutet: Wenn ein Kreisbogen so angegeben wird, ist die Chance sehr sehr klein, dass der Kreisbogen auch wirklich in den angegebenen (diskreten) Punkten endet.
Meist ergeben sich „Hörnchen“ von nur 5 - 20 Metern, in wenigen Fällen ergeben sich größere „Hörnchen“. Die Skizze rechts mag das erklären.
Was kann man tun ?
Man kann sicherstellen, dass am Ende des Kreisbogens jeweils die wirklich dem Ende des Kreisbogens am nahesten liegende Koordinate in Form einer diskreten Zahl benutzt wird, dann ist das Hörnchen minimal. Und genau das ist in einigen Original-Luftraumdateien nicht der Fall.
Gibt es prinzipiell eine Lösung für all diese Probleme: Natürlich. Allerdings ist das bisher meine private Lösung.
Ich lade alle Lufträume in einer Datenbank,
- die es mir erlaubt, Dubletten verschiedener Provenienz zu erkennen,
- die es mir erlaubt, Lufträume zu vergleichen und zu verändern,
- die es mir erlaubt, beliebige geographische Ausschnitte der Gesamtdatei zu selektieren und im DeskTop (XCSoar, SeeYou, StrePla, …) und/oder im PDA zu verwenden.
Diese Daten sind auf dieser WebSite zugänglich, allerdings nur für registrierte Nutzer.