Schaut man in die Statistiken, dann sticht ins Auge, dass es zwei große Schwerpunkte von fatalen Unfällen im Segelflug gibt:

  • Start-Lande-Unfälle
  • Zusammenstöße in der Luft

Start-Lande-Unfälle sind in der Regel auf Pilotenfehler zurückzuführen. Diese ganze WebSite hat als Ziel: Besser ausgebildete Piloten. Jede Vereinsschulung hat als Ziel: Besser ausgebildete Piloten. An dieser Stelle noch eine neue Diskussionstelle über Vermeidungstrategien für diese Fehler einzugehen, ist daher müßig.

 

Widmen wir uns dem anderen Thema, den Zusammenstößen in der Luft.

Für den Luftraum, in dem wir Segelflieger uns bewegen, gilt "Sehen und gesehen werden".

Auch wenn wir davon ausgehen, dass alle Segelflugpiloten vorbildliche Luftraumbeobachter sind, steht doch außer Frage, dass ihre physiologische Fähigkeit, andere Flugzeuge zu erkennen, in einigen Situationen bis an die Grenze des Möglichen (und vielleicht auch in Einzellfälle darüberhinaus) gestreckt wird. Gerhart Berwanger hat dazu vor Jahren einen Beitrag im AeroKurier veröffentlicht (Teil 1 / Teil 2).

Die Segelflugpiloten sind also heilfroh, dass ihnen bei diesem Problem seit 2003 ein Kollisionswarnsystem unter die Arme greift, das sich weltweit immer größerer Beliebtheit erfreut: FLARM.

 

 

Ähnlich wie TCAS beruht dieses technische Verfahren auf dem Prinzip, dass alle FLARM-Geräte Informationen über ihre jeweilige Position, Höhe, Geschwindigkeit, Höhenänderung austauschen. Jedes Gerät sendet seine eigenen Daten und empfängt alle Daten von anderen Flugzeugen. Die Geräte senden mit einer sehr geringen Leistung. Das führt dazu, dass sich nur FLARMs aus Flugzeugen in relativer Nähe zueinander empfangen können. Der Empfangsradius liegt bei max. 25 km, typisch bei 5-8 km.

Jedes Gerät siebt aus der Menge von Informationen, die es empfängt (beschränkter Radius), die Information raus, die es als relevant ansieht (Flugzeuge im Umkreis von ca. 2,5 km). Das heißt, die Information über die Flugzeuge, die dem eigenen Flugzeug "gefährlich" nahe sind oder kommen können. Dabei werden die Flugbahnen der beteiligten Flugzeuge vom FLARM vorausgerechnet.

FlarmFLARM bringt keine absolute Sicherheit gegen Kollisionen in der Luft. Um das zu erkennen, muss man sich nur die Limitationen des Systems vor Augen führen.

Es gibt an jedem Flugzeug auf Grund der Charakteristika der Antenne Richtungen, aus denen das FLARM nicht empfangen kann und in die es keine Signale senden kann. Direkt unter der Antenne ist diese tote Zone, die umso größer ist, wie die Flugzeugmasse (Gestänge, Metall) das Signal abschirmt. Das heißt, wenn zwei Flugzeuge auf gleichem Kurs an gleicher Position in gleicher Richtung fliegen und dabei nur 20 m in der Höhe separiert sind, wird das FLARM vielleicht nicht warnen. Auf der WebSite von FLARM gibt es Werkzeug, das dir, wenn du ihm einen IGC-File aus deinem FLARM zu verdauen gibst, genau zeigt, wo deine Antenne nicht hinstrahlt und wo sie nicht empfangen kann.

FLARM kann Kollisionen nur dann prognostizieren, wenn es die Flugbahnen stabil vorausrechnen kann. Bei erratischem Flugverhalten eines der Beteiligten werden diese Rechenprogramme überfordert. Ergebnisse und Warnungen kommen dann zu spät, um ein Ausweichen noch sicher einleiten zu können.

 

FLARM ist toll, es hilft ungeheuer, aber es vermeidet nicht alle Risiken. Rausgucken muss du als Pilot trotzdem - eher noch umso mehr, denn die "Gegner", die dir das FLARM nicht anzeigt, sind auch für dich schwer zu finden.

Im Gebirge, vor Schnee, ist ein weißes Flugzeug sehr schwer zu sehen. Dazu hast du sicher schon viele Beispiele gesehen. Hier sind noch ein paar. Ich lasse sie mit Bedacht so klein, denn das ist ungefähr die Größe, mit der du in der Luft die Flugzeuge erkennen musst.

Auf dem ersten Bild ist Gerd Heidebrecht kaum 2 km von mir weg - und kaum zu erkennen. Auf dem zweiten Bild fliege ich hinter Volker Polhaus im Verband. Aber genau an dieser Stelle verschwimmen die Konturen im Hintergrund.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man im Gebirge den Blickschweif (siehe Berwanger) betont langsam ausführen muss, sonst nimmt man die Verschiebung der Objekte gegenüber dem Hintergrund nicht wahr und die Objekte machen Mimikri in der Textur des Hintergrundes.

Fliegersuchbild -  Entfernung ca. 2 kmSchattenspieleTrotz - oder gerade mit - FLARM ist es wichtig, die Erkennbarkeit eines Flugzeugs maximal zu gestalten. Leider sind wir durch den Baustoff KUNSTHARZ stark eingeschränkt. Das Harz wurde im Werk "getempert", das heißt zur Aushärtung mit Wärme (50-70° je nach Harz) behandelt. Wenn es wieder so warm gemacht wird, beginnt es wieder zu fließen. Also darfst du keine tragenden Teile vor dem Flug oder während des Fluges so warm werden lassen. Und genau das würde in der Oberfläche geschehen, wenn du die Flächen oder den Rumpf mit knalligen Farben bemalst und die Sonne intensiv da drauf scheint.

Das ist leider zuviel       Farbe ...Nur die Flächenenden, die Rumpfnase und das Seitenruder dürfen eine dunkle Farbe tragen wie zum Beispiel "Verkehrspurpur". Ich hatte eine Weile meine LS6 stark bemalt, das musste aber rückgängig gemacht werden, obwohl alle meine Mitflieger in den Alpen von der guten Erkennbarkeit meiner Maschine schwärmten. Siehe das rechte Bild !!

Insbesondere unter Schweizer Segelfliegern ist Spiegelfolie sehr beliebt. Wenn du diese Folie auf bewegten Teilen (Querruder, Seitenruder) aufklebst, hast du eine große Chance, dass du über sehr große Entfernungen wahrgenommen wirst. Ich habe leider kein aktuelles Bild.

 

Die neuesten Beiträge zum Thema Sichtbarkeit sind LED-Blitzer. Sie können nicht vollumfänglich als Anti-Collision-Lights betrachtet werden, da das Licht der Blitzer in der Regel nur nach vorne strahlt, aber sie erleichtern die Erkennbarkeit eines entgegenkommenden Segelflugzeugs auf ungefähr gleicher Höhe enorm.

 

 

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